Historie von „Erkelenz für Sri Lanka“
Am 2. Weihnachtstag 2004
erschreckten die furchtbaren Bilder des Tsunamis, der mit verheerender
Wucht weite Küstengebiete Ost- und Südasiens dem Erdboden gleichgemacht
und hunderttausende von Toten gefordert hat. Es waren erschreckende
Bilder, die in den Nachrichten verbreitet wurden.
Erschreckt und aufgewühlt von diesen Bildern konnten die beiden
Jugendlichen Josline und Stefan Selvaratnam, deren Eltern aus Sri Lanka
stammen, nicht untätig bleiben. Spontan beschlossen sie, Spenden für
die Menschen vor allem in Sri Lanka zu sammeln. Bei dieser Idee wurden
sie von vielen unterstützt, insbesondere vom Bürgermeister der Stadt
Erkelenz, Herrn Jansen. Er erlaubte ihnen, beim Neujahrsempfang der
Stadt Erkelenz für dieses Anliegen eine Sammlung durchzuführen.
Ebenfalls viele Geschäftsleute, aber auch Einzelpersonen unterstützten
diese beiden. So kamen bis Ende Juli 2005 die stolze Summe von
57.864,58 € zusammen. Die Buchführung dieser Gelder erfolgte über die
Pfarramtskasse der Pfarre St. Josef Hetzerath. In Zusammenarbeit mit
der tamilischen Hilfsorganisation TRO konnten als Soforthilfe 40.000 €
überwiesen werden. Auf Einladung der TRO wurde dann die restliche Summe
von 17.864,58 € persönlich durch diese Jugendlichen in Sri Lanka an
verschiedene Hilfsorganisationen in Sri Lanka verteilt. Die Eindrücke
der ungeheuren Not durch die Verwüstungen waren mehr als belastend.
Zurückgekehrt nach Deutschland verfestigte sich der Gedanke, dass Hilfe
nicht nur immer eine spontane Reaktion auf plötzliche Notlagen sein
darf. Vielmehr sollte Hilfe konkret und auf Dauer angelegt sein in
einer jeweils konkreten Aktion, auch wenn solche Hilfe nur punktuell
erfolgen und nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Da ein
solcher Plan nicht von einem allein getragen werden kann, schlug der
Bürgermeister, Herr Jansen vor, einen Hilfsverein zu gründen. Es
erfolgte ein Aufruf in der Tageszeitung zur Gründung eines Vereins.
Spontan beschlossen der Bürgermeister, die Familie Selvaratnam und die
gesamte Pastoralgruppe der damaligen GdG Maria und Elisabeth Erkelenz
als Mitglieder beizutreten. Am
31.
Oktober 2005
trafen sich dann 15 Personen im Rathaus Erkelenz, Raum 367, und
beschlossen die Gründung eines Hilfsvereins mit dem Namen „Erkelenz für
Sri Lanka“. Mit der Eintragung ins Vereinsregister beim Amtsgericht
Erkelenz wurde vom Finanzamt Erkelenz am 29.12.2005 die
Gemeinnützigkeit festgestellt. Damit war die Handlungsfähigkeit des
Vereins gegeben.
Geprägt von der Überlegung, dass Erkelenz eine Schulstadt ist, übernahm
unser Verein den Bau eines Day-Care-Center für Kinder in einem der
ärmsten Gegenden im Norden von Sri Lanka, in
Mayavanoor.
Zunächst lief der Bau gut an, die ersten Mauern konnten schon
hochgezogen werden. Da brach der Bürgerkrieg in Sri Lanka erneut aus
mit sehr katastrophalen Folgen für die Bevölkerung. Viele Familien
wurden aus ihren Dörfern vertrieben, große Landstriche waren vermint
oder ausgebombt. Auch unser Projekt war davon betroffen und konnte
nicht weitergeführt werden. Am 16. November 2009 wandten wir uns an das
Auswärtige Amt in Berlin und erhielten dort u.a. die Antwort am
25.11.2009: „Das Gebiet ist heute noch stark vermint und eine
Rücksiedlung vorerst nicht absehbar.“ Auf Grund dessen sahen wir uns
gezwungen, unser Projekt in Mayavanoor aufzugeben – eine große
Enttäuschung für uns alle.
Nach dem brutalen Ende des Bürgerkrieges in 2010 erreichten uns viele
Hilfeanfragen von verschiedenen Organisationen. Da wir nicht überall
helfen konnten, versuchten wir einige Schwerpunkte zu setzen. Wir
konzentrierten uns auf Orte im Norden von Sri Lanka, die besonders
unter dem Tsunami und den Bürgerkriegswirren gelitten hatten. Nachdem
vom Militär der Küstenstreifen wieder für die Bewohner frei gegeben
war, konnten viele
Fischerfamilien
wieder in Ihre Orte zurückkehren. Allerdings waren Ihre Boote und auch
alles Handwerkszeug vernichtet. Auf Bitten der HUDEC (Human Development
Centre) der Caritas in Jaffna war es uns möglich, in Mandaitivu für 20
Fischerfamilien die Erstausrüstung für den Fischereibedarf zu
finanzieren und ihnen damit Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen.
Besonders hart waren die Kinder betroffen, die durch Tsunami oder
Bürgerkrieg ihre Eltern verloren hatten. Nach Ende des Bürgerkrieges
fühlte sich von staatlicher Stelle zunächst niemand für sie zuständig.
Es waren vor allem kirchliche Stellen wie Pfarreien oder Klöster, die
sich dieser Kinder annahmen. Allerdings war die Unterbringung teilweise
recht katastrophal, wie wir uns bei einem Besuch in Sri Lanka in 2012
selbst überzeugen konnten. Neben Einzelspenden an verschiedene
Waisenhäuser konzentrierten wir unsere Hilfe auf das
„Don Bosco Children's Home“
in Vavuniya. Jedes Jahr konnten wir die Kinder – etwa 120 Mädchen –
unterstützen, indem wir die Kosten für Schulkleidung und
Schulutensilien, aber auch für einen Generator und ein Fernsehgerät
übernahmen. Die Kinder bedankten sich bei unseren beiden Besuchen
herzlich mit einem Tanzspiel, bzw. mit einem Liedervortrag.
Bei unserem diesjährigen Besuch wiesen die Ordensschwestern, die das
Waisenhaus betreuen, auf ein sich demnächst anbahnendes Problem hin.
Die Mädchen werden älter und kommen allmählich ins heiratsfähige Alter.
Die Schwestern übernehmen für die Mädchen die Elternrolle und müssen
die Heiratsverhandlungen für sie führen. Ohne eine Art von Mitgift
seitens der Mädchen ist eine
Hochzeit
nahezu unmöglich. Die Schwestern sprachen von einer Summe von jeweils
etwa 250 – 300 €, die aufgebracht werden müssen. Darum baten sie uns um
unsere Mithilfe. Wir versprachen, soweit es uns möglich ist, gezielt
und namentlich für diese Mädchen zu sorgen, unter der Voraussetzung,
dass nur konkret Gelder überwiesen werden und seitens der Mädchen uns
ein Hochzeitsbild zurückgesandt wird. Wir hoffen, dass für diese
Mädchen sich möglicherweise auch jeweils ein Sponsor findet.
Mittlerweile konnten die ersten Beihilfe zu Hochzeiten dieser Mädchen
getätigt werden.
Als im September 2011 Pfarrer Emilianuspillai, Wallfahrtspfarrer von
Madhu, uns in Erkelenz besuchte, regte er an,
Patenschaften
für besonders bedürftige Kinder aus der Umgebung von Madhu zu
übernehmen. Gedacht ist vor allem an Kinder, die ihren Vater durch den
Bürgerkrieg verloren haben und deren Mutter nicht in der Lage ist, die
Familie zu versorgen. Wir haben uns gern dieser Bitte angeschlossen,
allerdings haben wir in einer Vereinbarung festgelegt, dass unser
Verein nur als Vermittler in Erscheinung tritt, die Auswahl der Kinder
und die Verteilung der Patengelder jedoch über Pfarrer Emilianuspillai
in Madhu in Zusammenarbeit mit den örtlichen Pfarrern erfolgt.
Zurzeit haben wir 14 Jungen und Mädchen, für die sich Paten gefunden
haben, die monatlich für ihr Patenkind 30,00 € zahlen. Bei unserem
diesjährigen Besuch in Madhu konnten wir persönlich kurzen Kontakt mit
dreien dieser Kinder aufnehmen und uns überzeugen, dass diese Gelder
ankommen und wirklich eine notwendige Hilfe sind.
Schon im Jahr 2003 hatte Pfr. Jeyasegara das Projekt unternommen, für
heimatlos gewordene Familien Häuser zu errichten. Das Projekt Arek
(Alliance for Relocation Reconstruction Kurunagar) stand unter der
Schirmherrschaft des Bischofs von Jaffna unter Beteiligung von Leuten
aus Kurunagar. Das Land war vom Bistum erworben und in 200 Parzellen
aufgeteilt worden. Der Bau von Häusern wurde aus verschiedenen
Spendenquellen organisiert. Wir wurden gebeten, bei der Erstellung der
Infrastruktur insoweit mitzuwirken, dass wir für jedes Haus die
Konstruktion eines Brunnens
übernehmen. Jeder dieser Brunnen sollte umgerechnet ca. 250 – 300 €
kosten. Auch an diesem Projekt haben wir uns beteiligt und konnten
bisher ca. 150 Brunnen finanzieren.
Es war für uns ein beeindruckender Anlass, als wir im Jahre 2012 bei
unserem Besuch einige der Brunnen einweihen durften und dabei
feststellen konnten, dass alle Brunnen mit einer Tafel versehen waren:
„Erkelenz für Sri Lanka.“ Dies haben wir zum Anlass genommen, gezielt
auch für den Bau von Brunnen zu werben, und wir konnten versprechen,
dass jeder, der die ganze Summe für einen Brunnen spendet, auf einer
Tafel am Brunnen namentlich erwähnt wird.
In diesem Jahr erlebten wir noch eine weitere Überraschung: Bei einer
Fahrt in den neuen Ort hielten wir am Ortseingang an und fanden zu
unserer Überraschung eine große Tafel am Ortsrand mit der Aufschrift
„Construction Wells for Entire Village Undertaken by ‚Erkelenz fuer Sri
Lanka‘ In Grateful Appreciation Community WeenpuraviNagar“ (Der Bau der
Brunnen für das gesamte Dorf wurde übernommen durch ‚Erkelenz für Sri
Lanka' - In dankbarer Wertschätzung - Ortsgemeinschaft
WeenpuraviNagar). Diese Dankbarkeit war hautnah spürbar bei mehreren
Gottesdiensten, die ich in und mit der Gemeinde feiern durfte. Im
Anschluss an einen der Gottesdienste versuchte ich es auf den Punkt
zubringen mit meiner Erwiderung, indem ich sagte, dass Gemeinschaft
keine Einbahnstraße sein kann und darf, und wir hier in Erkelenz und
sie in Sri Lanka Verantwortung füreinander haben, z. B. im Gebet
füreinander, und ich formulierte dies: „Erkelenz für Allaipiddy und
Allaipiddy für Erkelenz.“ Dieses Wort wurde fast zu einem geflügelten
Wort in Allaipiddy.
Wie gesagt gab es neben diesen festen Projekten, die von uns
unterstützt werden, auch viele einmalige Spenden, mit denen wir
örtliche Projekte unterstützten. Von all diesen möchte ich zwei
herausgreifen, die uns im Sommer dieses Jahres bei unserem Besuch sehr
nahe gegangen sind:
Da ist einmal in Jaffna das
„Karuvi
Centre for Social Resource of Differently Abled“.
Wie in vielen Gebieten werden auch in Sri Lanka behinderte Menschen
geächtet und oft vor der Öffentlichkeit versteckt. Das Zentrum will
diesen die Möglichkeit bieten, zusammenzukommen, durch Einsatz ihrer
Fähigkeiten Selbstvertrauen zu finden, und wirbt um Anerkennung dieser
Menschen in der Öffentlichkeit.
Zum anderen trafen wir in Mannar auf die Ordensschwester Josephine
Mary, die ein Projekt zur Betreuung von durch den Bürgerkrieg
traumatisieren Witwen (
Bien Oottu
Projekt)
leitet. Hier geht es um Annahme der persönlichen Situation, aber auch
um Verständigung mit der anderen Seite der im Bürgerkrieg verwickelten
Bevölkerung, hier der singhalesischen. Und da ihre Kinder dazu neigen,
sich zu radikalisieren, ist mit diesem Projekt auch die Aufgabe der
Zuwendung zu diesen Kindern verbunden.
Auch dies sind wichtige Aufgaben, allerdings dürften unsere
finanziellen Mittel für eine dauerhafte Unterstützung nicht ausreichen.
Das sollte ein kleiner Überblick über unsere Tätigkeit in den
vergangenen 10 Jahren sein. Unsere Hilfe kann immer nur punktuell sein,
gleichsam ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber lieber ein kleiner
Tropfen als gar nichts. Und auch viele kleine Tropfen höhlen einen
Stein. Das ist uns Anlass, die begonnenen Projekte weiterzuführen und –
wenn möglich – auch neue Aufgaben zu übernehmen.
Erkelenz, im November 2015
-->
Grußwort der Stadt Erkelenz zum
10-jährigen Bestehen am 18.11.2015
Juli 2019
Spenden sind angekommen
Anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums hatte Pfr. Salentin um
Spenden für das von „Erkelenz für Sri Lanka e.V.“ betreute Projekt
„Bien Oottu Industry“ nahe der Stadt Kilinochchi in Sri Lanka gebeten.
Überwältigend groß war die Spendenbereitschaft: es kamen an Spenden
fast 7.000 € zusammen, Dank dieser unerwartet großen Summe kann
das
Projekt nun vollendet und abgeschlossen werden. Die Schwestern des
„Holy Family Convents“, die dieses Projekt initiiert haben und
betreuen, baten Pfr. Salentin, diese Summe persönlich zu übergeben..
Der Empfang war begeisternd groß. Die Frauen mit ihren Kindern hatten
einen Festakt vorbereitet mit Tänzen, Gesängen und Gedichten und dem
obligatorischen Anschneiden des Festkuchens – auch zur Feier des
Jubiläums von Pfr. Salentin. Bei der Einsicht in die Bauabrechnung
konnte er sich auch von der ordnungsgemäßen Anwendung der Gelder
überzeugen. Allen Spendern kann an dieser Stelle nur ganz herzlich
danke gesagt werden.
Im Zusammenhang mit dieser Reise wurden auch die anderen Projekte
besucht, die von „Erkelenz für Sri Lanka“ betreut werden. Ebenfalls in
der Nähe von Kilinochchi das „Home of Joy“; hier werden behinderte
Kinder betreut, wo die Eltern diese Betreuung nicht leisten können.
Trotz der Behinderung der Kinder ist es kein Haus der Traurigkeit,
sondern - wie sich Pfr. Salentin überzeugen konnte: ein „Haus der
Freude“.
Neben der einen oder anderen Einzelhilfe ist ein Schwerpunkt des
Vereins die Übernahme von Patenschaften für Kinder und Jugendliche, die
ohne diese Hilfe keine Ausbildung machen könnten. Einige der
Patenkinder nutzten diese Gelegenheit, sich persönlich vorzustellen und
für die Unterstützung zu danken. Die Patenschaft von 30 € im Monat ist
in Sri Lanka ein ungeheurer Betrag, von dem ein Monat lang gelebt
werden kann. Gerade deshalb fiel es schwer, auf Anfragen zur Übernahme
weiterer Patenschaften nein zu sagen, da die Mittel von „Erkelenz für
Sri Lanka“ sehr begrenzt sind und zur Zeit weitere Paten fehlen.
Besonders hart wurde es, auch für zwei Mädchen, die ihre Eltern
verloren haben und nun beide im Waisenhaus leben, ein „zurzeit Nein“
auszusprechen. Vorsichtige Zusagen machte Pfr. Salentin in der
Hoffnung, dass sich doch noch der eine oder andere Pate finden lässt.
In der letzten Woche gab es noch weitere Höhepunkte dieser Reise:
Das war einmal der Besuch des schwerkranken ehemaligen Bischofs von
Mannar, Bischof Joseph, im Krankenhaus von Jaffna,
das war die Einladung des Bischofs von Jaffna, Bischof Justin
und der Empfang durch den Bischof von Mannar, Bischof Fernando.
Sie alle bedankten sich für die bisher geleistete Hilfe, auch bei all
denen, die durch ihre Unterstützung und ihre Spenden diese Hilfe
ermöglicht haben.
Ein besonderes Erlebnis war auch in diesem Jahr am letzten Sonntag der
Reise der Besuch in Allaipiddy. Durch die Initiative von „Erkelenz für
Sri Lanka“ konnten dort in den letzten Jahren für die nach Tsunami und
Bürgerkrieg zurückgesiedelten Familien für 224 Häuser Brunnen
finanziert werden. So ist dort eine besondere und herzliche Beziehung
entstanden. Darum musste hier Pfr. Salentin an einer Festmesse zu
seinem Jubiläum und zum Dank an den Verein teilnehmen. Schon vor
einigen Jahren hatten die Verantwortlichen der Gemeinde aus dem Namen
des Vereins einen treffenden Slogan gemacht: „ Erkelenz für Allaipiddy
und Allaipiddy für Erkelenz“. Denn Hilfe ist keine Einbahnstraße,
sondern gegenseitige Bereicherung.